PRESSEMITTEILUNG: 21. JAHRESTAG DER RASSISTISCHEN BRANDANSCHLÄGE VON MÖLLN „Gedenken kann nicht an den Interessen der Überlebenden vorbei gestaltet werden.“

21. Oktober 2013

Zum 21. Jahrestag der rassistischen Brandanschläge von Mölln 1992 findet der Überlebende Ibrahim Arslan klare Worte: „Wer einmal Statist war, soll nach Vorstellungen vieler Verantwortlicher immer Statist bleiben. Dagegen wehren wir uns. Für uns Opfer ist das Erkämpfen der Erinnerung ein Teil unseres Lebens geworden.“

In diesem Jahr wollen die Stadt Mölln und ein neuer Vorbereitungskreis die Gedenkveranstaltung wieder nach ihren Vorstellungen gestalten. Und an den Interessen der Überlebenden vorbei bestimmen, wer wann und wo spricht und wer überhaupt eingeladen wird. So wurde die „Möllner Rede“, als kritische Bestandsaufnahme zum gesellschaftlichen Rassismus und Neofaschismus aus den offiziellen Gedenkveranstaltungen gestrichen.  Es passte nicht in das Konzept, dass die Familie die Redner_innen wie bisher aussuchte. Auch dem antirassistischen Gedenk-Konzert soll kein Platz mehr eingeräumt werden. Eine Straßenumbenennung mit den Namen der Ermordeten ist in allen zuständigen Gremien der Stadt Mölln abgelehnt worden. Servet Yilmaz, der Bruder der ermordeten Ayşe Yilmaz, ist in diesem Jahr nicht von der Stadt Mölln eingeladen.

„Gedenken kann nicht an den Interessen der Überlebenden vorbei gestaltet werden. Wir sind die Hauptzeugen des Geschehenen. Auch 21 Jahre nach dem rassistischen Brandanschlag von Mölln gilt: Die Erinnerung zurück zu erkämpfen. Reclaim and remember. Jetzt erst recht“, kritisiert Ibrahim Arslan. Deswegen finden die Gedenkveranstaltungen woanders und selbstbestimmt statt. Die „Möllner Rede“ ist in diesem Jahr „im Exil“ in Hamburg. „Ich bin der Meinung, dass auch im Exil sehr gute Reden gehalten werden können“, so Arslan. In diesem Jahr spricht der Kölner Rapper Kutlu Yurtseven im Rathaus in Hamburg. Das Gedenk-Konzert bekommt seinen Platz auf dem Lautsprecherwagen der antifaschistischen Demonstration. Mit Support von Johnny Mauser und Microphone Mafia. Zum Gedenktag wird vor das Brandhaus in der Mühlenstraße 9 eingeladen. „Ich denke, in diesem Jahr setzen wir wieder klare Ziele, klare Anforderungen, klare Meinungen. So dass wir als Opfer Stabilität in unsere Gedenkveranstaltungen bringen“, betont Ibrahim Arslan.

Das Haus der Familie Arslan wurde am 23.11.1992 von neofaschistischen Tätern mit Molotow-Cocktails angezündet. Bei dem Anschlag wurden die 10jährige Yeliz Arslan, die 14jährige  Ayşe Yilmaz und die 51jährige Bahide Arslan ermordet. Weitere Familienmitglieder wurden teilweise sehr schwer verletzt. Zuvor hatten die Neonazis bereits einen Brandanschlag auf die Ratzeburger Straße 13 verübt, wo ebenfalls Menschen türkischer Herkunft wohnten. Neun von ihnen erlitten schwere Verletzungen.

Brandanschläge in Mölln – Das Erinnern erkämpfen

Ein Clip von Leftvision

Am 17.11.2012 wurde aus Anlass des 20. Jahrestages an die Brandanschläge in Mölln erinnert. Familienmitglieder, Freunde und Zeitzeugen erinnern sich an die rassistischen Pogrome der 90er Jahre und stellen sie in den Kontext des NSU-Skandals.

Am 23. November 2012 jährt sich der rassistischen Brandanschläge in Mölln zum 20. Mal. Dabei wurden drei Menschen getötet. Aus diesem Anlass organisierte die Familie der Opfer, gemeinsam mit Freunden und Unterstützern eine Gedenkwoche unter dem Motto „das Erinnern erkämpfen“.

Auf einer Demonstration am 17.11.2012 protestierten mehrere hundert Menschen gegen rechte Gewalt und Rassismus sowie für das Recht der Betroffenen ihr Gedenken zu gestalten und ihre Geschichte zu erzählen. Der Tag klang dann mit einem Solidaritätskonzert aus, u.a. mit den Sisters und Jan Delay.

In diesem Beitrag erinnern sich Familienmitglieder, Freunde und Zeitzeugen an die Pogrome der 90er Jahre und stellen sie in den Kontext des NSU-Skandals.